Camp NaNoWriMo 07/16: Ein kurz vor knappes Fazit

Tja, so schnell kann er herumgehen, ein Monat, oder, in meinem Fall, zwei Wochen mit selbstauferlegter Schreibarbeit. 

Für mich war dieser erste NaNoWriMo meines Lebens ein Testlauf - ist diese Art des Schreibens, des gegen-mich-selbst-Anschreibens eine Art zu arbeiten, mit der ich mich anfreunden kann? Bringt es mich in meinem Schreiben weiter, wenn ich plötzlich meinen Output um ein Vielfaches erhöhe, nur um der Textmasse willen? Bin ich ein Binge-Schreiber?

Nun ja ... lest meine Antwort auf diese Fragen in meinem folgenden Fazit, aber zuvor möchte ich euch noch jemanden vorstellen, der für das Camp NaNoWriMo von essentieller Wichtigkeit ist: Den Word Count Validator. In diesen unscheinbaren, holzgemaserten Freund gibt man seinen verfassten Text per Copy-and-Paste ein und lässt sich somit seine erreichte Wortzahl bestätigen. Also ... let's validate! 

Gut, wenn ich ehrlich bin, ist das natürlich Blödsinn, der rein auf der Ehrlichkeit der Teilnehmer gründet. Natürlich könnte ich ohne Hemmungen meinen geschriebenen Text zwei, dreimal posten und damit die 200-Prozent-Marke sprengen. Und ich bin davon überzeugt, dass das auch der ein oder andere Teilnehmer durchaus so handhabt. 


Aaaaber: Da ich ja ein grundauf ehrlicher und vor allem selbstkritischer Mensch bin, mache ich das natürlich nicht. Ich kopiere brav meinen Projekttext (und nur den!) und warte ab, was passiert (was völliger Blödsinn ist, dann dem Word-Wortzähler weiß ich natürlich ungefähr, auf welche Wortzahl ich komme). Mein finales Ergebnis: 6196 Wörter

Geplant waren 10.000. Ich habe also exakt 61,96 % meines Ziels erreicht. Habe ich jetzt also versagt? Sollte ich mich deswegen schlecht fühlen?

Nein. Das denke ich nicht. Das Camp NaNoWriMo war für mich ein Experiment, nicht mehr und nicht weniger, um Erkenntnisse über mich und mein Schreiben zu gewinnen.*

Immerhin war ich um einiges besser als der Durchschnitt meiner Cabin.
Und diese Erkenntnisse sind folgende:
  1. Ich bin kein Binge-Schreiber. Wie ich schon zu Anfang des Projektes vermutete, bin ich nicht imstande, Texte ohne Ende herauszuschreiben, oder auf Teufel komm raus kreativ zu werden.
  2. Punkt 1 gilt nur für eigene fiktive Texte, nicht etwa für Übersetzungen oder Seminararbeiten, die zwar auch ein gewisses Maß an Kreativität, aber weniger Phantasie voraussetzen. 
  3. Ich kann am besten immer das schreiben, was gerade aus meinem Kopf heraus will. Neben meinem Camp-Projekt waren das eine Rezension, eine Kolumne und unzählige Ideen für mein eigentliches Romanprojekt, die ich zähneknirschend, um mein Camp-Experiment nicht zu boykottieren, zurückgestellt habe. Mich nur auf ein Projekt zu konzentrieren und andere Ideen in die Warteschleife zu hängen - nicht meins. 
  4. Ich kann nicht einfach drauflosschreiben. Dadurch, dass ich kaum plotte, sondern meine Texte sich eher entfalten lasse, bin ich darauf angewiesen, immer mal wieder Fakten zu checken, zu recherchieren, oder, wie in meinem Camp-Projekt, Wörterbücher zu konsultieren, wenn ich mit fremden Sprachen herumhantiere. Das kostet Zeit und arbeitet den Prinzipien des NaNoWriMo entgegen. 
  5. Mein innerer Lektor ist einfach zu dominant. 
  6. Ich brauche keine Gesellschaft zum Schreiben, keine Gruppe, die mich antreibt und unter Druck setzt. (Eigentlich wusste ich das schon vorher. Teamwork stresst.)
  7. Ich vergleiche Schreiben ja immer mal wieder mit Essen. Und ein Grundsatz trifft in meinen Augen definitiv für beides zu: Qualität vor Quantität.  

Ich kann meinen Blog jetzt zwar nicht mit einer Gewinnerplakette des Camp NaNoWriMo schmücken, aber die Resultate bleiben trotzdem. Ein paar kleine Worte zu meinem Projekt und was ich von dem halte, was ich da so zusammenfabriziert habe:
  • Mein Projekt ist aus verschiedenen Handlungssträngen zusammengesetzt, die zum Schluss hin zusammenlaufen. Bisher existieren drei separate Handlungsstränge, die sich allerdings schon aufdröseln und miteinander verweben. Ein Handlungsstrang ist fast vollständig. 
  • Die 6196 Wörter bleiben mir, auch wenn ich vermutlich noch einiges daran verändern werde. 
  • Ein positiver Effekt: Ich habe - aus Zeit- und Quantitätsnot - auf zwei meiner alten Charaktere zurückgegriffen, die eigentlich in diesem Projekt gar keinen Raum bekommen sollten, und ich glaube, die passen da ziemlich gut rein. 
Insofern: Mein Fazit fällt nicht komplett negativ aus. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich mich noch einmal zum NaNoWriMo anmelden werde, und ich hege mittlerweile größte Skepsis gegenüber dem Prinzip 50.000-Wörter-in-dreißig-Tagen, aber es war es durchaus wert, sich die ganze Sache einmal angeguckt zu haben (und, hey: 6196 Wörter, de facto in nur vier aktiven Schreibtagen!). Daraus kann ich jetzt meine eigenen Schreibprinzipien ableiten und mich in Zukunft besser daran halten - auf dass mir das Schreiben immer eine angenehme, kreative Beschäftigung bleibt!

Allen Gewinnern des Camps hiermit aber noch meine herzlichsten Glückwünsche! Es würde mich freuen, irgendwann einmal ein NaNo-Resultat vor die Linsen zu bekommen!

* Es ist ein bisschen wie damals, beim Sportabzeichen in der Schule, als ich fast jede zuvor verkorkste Sportart durch Schwimmen auszugleichen schaffte, der Ausgleich beim Hundermetersprint aber grundsätzlich nicht erlaubt war. Ich war wütend auf das Regelwerk, sauer auf mich, meine Unsportlichkeit, den Gulli, durch den ich gleich am ersten Tag der Sportspiele gekracht war und der mich bei besagtem Hundertmeterlauf zum temporären Hinkebein gemacht hatte, und die Schmach, als Dezembergeborene im sportlichen Vergleich immer die Jahresarschkarte gezogen zu haben - bis ich herausfand, dass die Schule für jedes bestandene Sportabzeichen Fördergelder bekam - die wiederum in Sportgeräte investiert werden sollten. So fügte sich also eins zum anderen, und mir geht es bis heute ohne Sportabzeichen blendend! :-)

Kommentare

  1. Hallo Alina,

    ich finde es super, dass du es mit dem Camp probiert hast und immerhin 6196 Wörter geschafft hast. Du hast zwar dein Ziel nicht erreicht, aber das ist nicht schlimm. Man ist nicht immer in der richtigen Verfassung, um exzessives Schreiben zu betreiben und für manche ist das vielleicht auch generell nichts. Mir hat das Camp und der NaNo bisher immer geholfen, meine Projekte zu Ende zu bringen. Aber bei anderen ist das vielleicht nicht so. Auf jeden Fall finde ich es gut, dass du dich darüber nicht ärgerst. Vielleicht versuchst du es irgendwann mal wieder und schaffst es dann? Wenn auch nicht den "normalen" NaNo mit 50k Wörtern, du könntest dir ja einfach nächstes Camp nochmal 10k vornehmen. Schließlich hattest du schon über die Hälfte deines Wordcountziels geschafft und das ist doch super :) 

    Die Hauptsache ist, dass du überhaupt an deinem Projekt geschrieben hast und weitergekommen bist. Alles andere ist nicht so wichtig :) Ich wünsche dir noch viel Spaß beim Schreiben weiterhin ...

    Ganz liebe Grüße
    Myna

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    1. Hey Myna,

      Vielen Dank für deinen Besuch, und keine Ursache das mit dem gelöschten Kommentar, ich hab ihn endgültig entfernt, dann ist auch das falsche Profil nicht mehr zu sehen. :-)

      Danke für deine motivierenden Worte! :-) Für mich war das Camp ein interessanter Versuch, und vielleicht probiere ich es nächsten März noch einmal (wenn nicht gerade eine Bachelorarbeit und ein Urlaub anstehen ;-)).

      Ich finde es bewundernswert, dass es Leute gibt, die so lange Texte aus dem Ärmel schütteln. Allerdings würde mich mal interessieren, wie hoch die Erfolgsquote beim NaNo so ist... in meiner Cabin haben es zwei von zwölf geschafft und ich lieg prozentual wie absolut auf Platz 3... weißt du, ob es irgendwo so etwas wie offizielle NaNo-Statistiken gibt? :-)

      Liebe Grüße, und nochmal einen imaginären Hutzieher für deine Schreibleistungen!

      Alina

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  2. PS: Sorry für den gelöschten Kommentar von Mi Mi, ich war zuerst mit dem falschen Konto eingeloggt. :P

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