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Als Lily einen Fantasyroman schreiben wollte

Lily zeichnen zu sehen ist ungewöhnlich. Gelegentlich skizziert sie die Personen, die zwischen ihren Ohren herumtanzen, aber die bestehen eigentlich immer aus Punkt, Punkt, Komma, Strich. Und dann wirft Lily den Bleistift auf den Tisch, verkündet, das Mangelhaft in Kunsterziehung sei schon gerechtfertigt gewesen, trinkt einen großen Schluck kalten Kaffee und verzieht das Gesicht. Was Lily da aber zeichnet, sieht nicht nach Strichmännchen aus. Sie sitzt über ein großes Blatt Papier gebeugt und malt Ovale, Wellenlinien, Dreiecke und andere geometrische und nicht-geometrische Figuren neben- und übereinander. Ab und zu wischt sie mit einem Papiertuch über das Gemalte oder radiert einzelne Striche aus. „Was malst du da?“, frage ich. Lily zuckt zusammen, dabei stehe ich schon seit geraumer Zeit hinter ihr im Halbdunkel des unaufgeräumten Zimmers, dessen Ecken das schwache Licht der Schreibtischlampe schon nicht mehr erreicht. „Was machst du da?“ Lilys Gegenfrage ist eine nahezu ein...

Als Lily eine Gruselgeschichte schreiben wollte

„Was schreibst du da?“, frage ich Lily. Allein sie an diesem Ort zu treffen, erstaunt mich. „Gar nichts“, antwortet Lily. „Gar nichts?“ Ich ziehe die Augenbrauchen hoch. „Aber du hast einen Stift in der Hand und einen Schreibblock mit einem unbeschriebenen Blatt auf denen Knien liegen.“ „Eben“, sagt Lily. „Unbeschrieben.“ „Warum schreibst du dann nicht?“ Lily schaut mich an mit diesem Blick, der mir sagt, ich sei der größte Naivling auf Erden. „Ich sammele Inspiration indem ich die Aura dieses Ortes auf mich wirken lasse“, erklärt sie hochtrabend. Ich schaue mich um. „Lily, wir sind auf einem Friedhof.“ „Eben“, sagt Lily. „Lass mich raten: Du schreibst einen Heimatroman?“ „Haha“, macht Lily trocken. „Gut, dann nicht. Vielleicht doch ganz profan eine Schauergeschichte?“ „Erraten“, seufzt Lily.

Als Lily eine lustige Geschichte schreiben wollte

Immer wenn Lily schreibt, bekommt sie diesen völlig entrückten Gesichtsausdruck. Wenn sie überlegt starrt sie dann Löcher in die Luft, egal wo sie sich befindet. So wie jetzt im Café. „Lily?“ Ich fuchtele mit meiner Hand vor ihren Augen herum, die auf ein Bild an der Wand gerichtet sind, eine dieser kitschigen Fotographien, auf denen kleine Kinder küssender- oder schmusenderweise abgebildet sind, in schwarz-weiß mit Farbakzenten, meistens Rosen, wie auch in diesem Fall. Gar nicht Lilys Geschmack, und doch starrt sie schon seit fünf Minuten auf diese tricolore Scheußlichkeit.  „Shht!“, macht Lily. „Ich denke.“ „Soll ich dir dabei helfen?“, biete ich an, denn meine Kaffeetasse ist mittlerweile leergetrunken, der Inhalt von Lilys bestimmt eiskalt geworden, und ich langweile mich. Lily klopft mit ihrem Kugelschreiber, einem dieser billigen Plastikteile, die sie immer zigfach in Drogeriemärkten kauft, gegen ihre Schneidezähne. Lily hat bemerkenswert große Schneidezähne, die ...

Huch, ein Buch!

Also, morgen ist es wieder einmal so weit! Mit den anderen Gewinnern des GreenFiction -Wettbewerbs werde ich im Rahmen des 6. Jugend- und Kinderliteraturfestivals Darmstadt unter dem Motto " Huch, ein Buch! " meinen Text Lonesome George vorstellen. Details zur Veranstaltung findet ihr hier (und nein, ich habe keine Ahnung, warum ausgerechnet mein Foto als Titelbild herhalten musste!) Ich freue mich über jeden, der vorbeischneit!

Nur die Fliegen, die Fliegen nerven so!

Eigentlich war es ein schöner Sommer, dachte er und griff nach seiner Fliegenklatsche. Die mit dem blauen Griff, aber er hatte noch zwei andere, eine rote und eine schwarze, wo die war, wusste er nur nicht mehr. Das kleine Tierchen hatte sich auf den Küchentisch gesetzt, direkt neben sein Mittagessen, Spinat und Kartoffelpüree. Die Fischstäbchen waren verbrannt, als er auf der Jagd nach vier Fliegen gewesen war, die sich heimlich in die Küche geschlichen hatten. Eklige Biester. Derentwegen hatte er die Fischstäbchen wegwerfen müssen. Diese Fliege war die fünfte heute. Nur in der Küche. Vorsichtig hob er die Fliegenklatsche. Verharrte einen Moment. „Sayonara“, flüsterte er und ließ die Fliegenklatsche unvermittelt auf das arme Tier niedersausen. Drückte noch einmal extra zu, presste es zu Matsch. Zufrieden ließ er die platte Fliege platte Fliege sein und begann zu essen.

Die Anthologie ist raus!

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Kein Aprilscherz! Aufpoliert durch ein Mentoring der Autorin und Kabarettistin Gerlis Zillgens (danke noch einmal dafür, vielen, vielen Dank!), ist meine Kurzgeschichte Lonesome George jetzt endlich in der GreenFiction-Anthologie des Arena Verlags (!!) und Lizzynet.de erschienen. Alina Becker: Lonesome George  Anna Mathey: Lucid Green - Die Welt steht auf dem Spiel Timo Zemlin: Dark Garbage Johanna Vogt: Mutter Natur - Reforestation rules! Die Anthologie gibt es zum Beispiel hier: Amazon: GreenFiction - Die Anthologie (mobi) Weltbild: GreenFiction - Die Anthologie (ePub) Viel Vergnügen beim Lesen! :-)

Mit Muttern auf Messe - ein völlig subjektiver Bericht eines Buchmessengreenhorns

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Als Folgeerscheinung des GreenFiction-Schreibwettbewerbs durfte ich am Freitag den 18. März 2016 auf der Leipziger Buchmesse (!!!) aus meiner Gewinnergeschichte Lonesome George lesen. Hier mein "Logbuch" des Tages... 18. März 2016 5.30 Uhr: Der Wecker klingelt. Angesichts der Tatsache, dass Vatern am Vortag Geburtstag hatte, nicht die allerhumanste Uhrzeit, aber in unserer Familie ist man das frühe Aufstehen gewöhnt, der Vogel, der Wurm, und so weiter. Leider bin ich seit vier Jahren nestgeflüchtete Studentin mit nachtaktivem Schlafrhythmus. So viel dazu. 6.15 Uhr: Das Auto springt an. Yippie-ya-yeah! Nach vier Tage zuvor in die Werkstatt zwangseingewiesen (natürlich, nachdem ich mich, nach immerhin zweieinhalb Monaten der Trennung, hinters Steuer geklemmt hatte), ist das nicht selbstverständlich. Muttern fährt, ich bin nervös (dazu später mehr) und habe nicht wahnsinnig viel Schlaf bekommen. 7.00 Uhr: Ein Kleinstad...